Frida im Schnee

Warum ich tiergestützt arbeite

Allgemein, Tiergestützte Intervention

Zunächst einmal muss ich mich vorstellen. Ich bin Maike 27 Jahre, Erzieherin und frisch gebackenen klinische Heilpädagogin. Ich arbeite seit über 5 Jahren in der stationären Jugendhilfe, die meiste Zeit davon in einem Internat mit angeschlossener Schule für männliche Jugendliche mit Störungen im sozial-emotionalen Bereich.
Großgeworden bin ich in einem kleinen Dorf am Rande des Sauerlandes, Tiere und besonders Hunde gehörten schon immer zu meinem Leben und waren im Alltag immer präsent und halfen mir durch so einige Lebensphasen.

Als erstes war da Willi ein Schäferhund Mischling, der vor mir da war und mein Großwerden bewachte. Er war der gutmütigste und beste Aufpasser den ich kenne. Er hat so einige Autos in meiner Kindheit davon abgehalten, die Straße auf der ich spielte normal zu durchfahren. Liegen 35 kg Hund auf der Straße hilft auch hupen nichts.:-) Er teilte bereitwillig sein Futter mit mir und wusste genau, wann er losgehen musste um mich aus dem Kindergarten abzuholen. Mein Hund!
Als er starb war ich tief getroffen und mein pubertäres Herzchen hatte lange dran zu knacken. Es lachte erst wieder auf als Charly, ein liebenswerter Mischling aus Schäferhund und Dackel in mein Leben getrabt kam. Alleine die Tatsache seiner Mischung machte ihn zu etwas ganz Besonderen. Die Mutter war reinrassiger Schäferhund und der Vater ein reinrassiger Dackel. Mit Charly wurde ich erwachsen bzw. verbrachte meine Jugend. Er war der Erste der meine Jugendliebe kennen lernte und trocknete viele meiner Tränen. Charly starb plötzlich und völlig unerwartet.
Kurze Zeit später zog ein kleiner Welpe bei uns ein. Frodo ein reinrassiger Schäferhund, der auch jetzt mit fast 4 Jahren noch viele Flausen im Kopf hat und dabei oft vergisst, dass er kein kleiner Hund ist, sondern ein stattlicher Rüde. Er liebt es zu kuscheln und Körperkontakt zu haben. Da man Welpen nicht alleine lassen kann, kam er oft mit in meine Wohngruppe zu den Jungs im Alter von 15 bis 18 Jahren.
Eines Tages sah ich wie ein Junge mit einer schwerwiegenden Sozialphobie, der sonst nie über seine Ängste sprach, Frodo sein Herz ausschüttete und völlig befreit von jeglicher Angst seinen Arm um Frodo gelegt hatte und ihm alles erzählte. Ich spürte einen gewissen Zauber zwischen den beiden und zog mich diskret wieder zurück. Ich wollte diesen Moment nicht mit pädagogischen Interventionen zerstören.

In diesem Moment, war meine Neugierde geweckt, ich informierte mich über die tiergestützte Arbeit, wurde aber von Recherche zu Recherche immer frustrierter. Ich wollte nicht, dass mein Hund wie ein Kuscheltier behandelt wird und außerdem wären Frodo und ich auch nicht zu einer Ausbildung für einen „Therapiehund“ zugelassen worden. Er entsprach nicht den „Normvorstellungen eines Therapiehundes“ vieler Institute. Frodo wuchs zu einem staatlichen Rüde heran und mein Träger wechselte, so dass es nicht mehr gern gesehen wurde, dass ein Hund in der Wohngruppe ist.
Ich verlor zunächst den Gedanken tiergestützt zu arbeiten zu wollen aus den Augen. Machte viele Fort- und Weiterbildungen zu anderen Themen und plötzlich kam das einmalige Angebot Frida aus Dänemark zu übernehmen. Frida wuchs wohl behütet in Wikkegard (Institut für tiergestützte Therapie und Pädagogik) bei Margarete auf.
Ich wohnte mittlerweile nicht mehr in meinem kleinen Dörfchen bei meinen Eltern und vermisste regelmäßig und schmerzlich das Zusammenleben mit einem Hund. Frodo ist ein „freiheitsliebender Dorfhund“ und wäre in der Stadt totunglücklich.
Der Gedanke ein Hund in der Stadt missfiel meinem Partner und mir zunächst.
Ein Hund braucht viel Platz zum Toben, viel Auslauf und Zeit und wie soll das gehen? Wir arbeiten beide Vollzeit, ich war nebenbei noch in einer Ausbildung zum Heilpädagogen und sowieso passte das alles nicht in unsere momentane Lebenssituation.
Dann kamen die ersten Fotos von Frida und unsere Herzen schmolzen dahin. Was wäre wenn Fragen spukten durch den Raum. Wir führten viele und lange Diskussionen (inklusive roten und grünen Post Its mit Pro- und Contra-Punkten an den Wänden in unserer Wohnung). Beim Lesen der Wikkegaard Homepage musste ich so manches Mal zusammen reißen nicht los zu heulen – endlich fand ich dass, was ich mir für die tiergestützte Arbeit immer gewünscht habe. Der Hund darf Hund bleiben und auch einmal mal keine Lust haben, eine „Übung“ auszuführen. Es geht nicht darum, dass der Hund dem Menschen willenlos ergeben ist und alles erträgt. Der Hund wird als LEBEWESEN gesehen.
Und dann fassten wir den Entschluss, ich fahre mit meiner Mama und einer guten Freundin nach Dänemark und schaue mit Frida an. Umso näher das Datum kam umso klarer war mir persönlich, dass ich nicht ohne Hund aus Dänemark zurückkommen würde. Ich kaufe bereits ein Geschirr und jede Menge Spielzeug ohne Frida einmal live gesehen zu haben. Auf der Fahrt nach Dänemark war ich sehr nervös. Wird Frida mich mögen, wird Margarete, die „Züchterin“, mir Frida überhaupt anvertrauen?
Es kam der Moment auf dem Hundeplatz in Dänemark. Die kleine schwarze Maus kam auf mich zu und es war um mich geschehen, ich weinte vor Freude und ihre süßen dunklen Knopfaugen waren in der Realität noch viel schöner als auf jedem Foto oder Video. Wir nahmen sie direkt mit in unsere Unterkunft und verbrachten die ersten Stunden gemeinsam. Frida fremdelte überhaupt nicht und war von Anfang an wunderbar.
Ich weiß nicht wie viele Fotos ich zu meinem Partner in diesen Stunden geschickt habe, völlig banale Sachen wollte ich ihm zeigen: Frida beim Schlafen, Frida beim Trinken,…
Der Entschluss war gefasst, dieses kleine Mäuschen wird (wenn sie von Margarete aus darf) bei uns einziehen. Vor mir lag eine schlaflose Nacht, ich hatte Ängste, dass ich sie nicht mit nach Deutschland nehmen darf, dass Frida mich am nächsten Morgen doof finden würde.
Aber nichts dergleichen geschah. Sie durfte mit uns nach Deutschland. Oh die Rückfahrt war noch viel aufregender als die Hinfahrt. Im Kofferraum saß nun mein kleiner Hund. Was hatte ich mir auch Gedanken über die lange Fahrt gemacht. Aber auch diese verging ohne Vorfälle.
Nun lebt Frida seit über einem Jahr bei und uns es hat sich so vieles positiv verändert. Aber dazu ein anders Mal mehr.